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I

 

8. Kapitel: Back to California

 

 

 

 

 

Vor uns taucht die Sierra Nevada auf. Sie macht ihrem Namen alle Ehre. Sie ist schneebedeckt. Wie kommen wir da bloß drüber, weil ja alle Pässe noch Wintersperre haben, wie wir auf Anzeigetafeln gelesen haben? Wir werden großräumig ausweichen müssen um zum Yosemite National Park zu kommen.

Ganz unvermittelt taucht riesengroß und grün der Mono Lake vor uns auf, der weltgrößte Kratersee. Er ist sowohl besonders alkalisch, als auch besonders salzhaltig, also gibt es dort eine spezielle Fauna, die mit diesen Bedingungen zurechtkommt. Als man begann, exzessiv Grundwasser aus den unterirdischen Zuflüssen für die Trinkwasserversorgung von Los Angeles zu entnehmen, sank der Wasserspiegel, und bizarre Steingebilde aus Tuff wurden sichtbar. Sie entstanden durch Ablagerungen hochdrängender unterirdischer Quellflüsse. Wir sind wieder einmal beeindruckt, was sich die Natur da einfallen hat lassen. Das Ökosystem droht allerdings zu kippen. Umweltschutzorganisationen kämpfen mit einigem Erfolg dagegen an, und der Wasserspiegel steigt seit den 1990er-Jahren wieder ein wenig an.

Wir fahren durch dichte Föhrenwälder, und es geht bergauf. Ziemlich kalt und windig ist es geworden, und es fängt zu regnen an. Auch Schneeflocken sind dabei.

Die Geisterstadt Bodie liegt 2700m hoch. Es hat 5°. Für die Besichtigung holen wir unser Wintergewand hervor, schon allein wegen des Sturms. Es muss ein hartes Brot gewesen sein, hier nach Gold zu schürfen, wenn es sogar im Frühsommer so kalt war. 1859 entstand die blühende Goldgräberstadt mit 10.000 Einwohnern, und als die Vorkommen keinen Profit mehr abwarfen, wurde die Mine 1942 geschlossen und die Stadt aufgegeben. Dank der geringen Luftfeuchtigkeit, blieb vieles relativ gut erhalten. Man restauriert nichts, sorgt aber für die Stabilität der Gebäude. Fast alle sind aus Holz. Wir sehen unter anderem die Bergwerksgebäude, eine Kirche, ein Casino mit Roulettetisch und einarmigem Banditen, ein Hotel mit Speisesaal und Billardtisch, einen Saloon, ein Geschäft, eine Tankstelle und einige Wohnhäuser und Autos. In der Schule hängt eine Landkarte von Europa. Was von der Inneneinrichtung noch vorhanden ist, ist total verstaubt und kaputt. Romantisch ist es hier nicht, das war es sicher nie.

Wir fahren weiter nach Norden, bis man uns irgendwo über die Sierra Nevada drüber lässt.

Außerdem suchen wir nach einem Übernachtungspatz. Wir finden ein wunderschönes Plätzchen in einem National Forest in 2500m Höhe- wieder ein Campground mit Selbstregistrierung. Die $12,00 zahlen wir gerne. Als Infrastruktur wird uns ein Restroom, eine Feuerstelle und eine Sitzgruppe geboten. Strom und Wasser gibt es nicht. Wir setzen uns trotz der Kälte ein wenig ans Feuer - mit Wintergewand und einer Tasse heißem Kaffee - und schauen in die Baumwipfel der unglaublich hohen Föhren hinauf. Es sind keine anderen Menschen zu sehen, die angekündigten Bären leider ;-) auch wieder nicht. Es beginnt zu schneien. Wir haben eine kalte Nacht vor uns. Wir haben dicke Decken mit und Expeditions-Schlafgewand.

Übrigens, während der ganzen gestrigen Fahrt durch die Wüste und auch während des ganzen heutigen Tags hatten wir weder Telefonnetz noch Internet. Einige Straßen waren unbefestigt. Man sollte da keinen Unfall und keine Panne haben. Es gibt höchstens alle 100 km eine Ortschaft, und es würde auch ziemlich lange dauern, bis ein anderes Auto vorbeikommt- in the middle of nowhere.

 

Mo, 12. Juni

 

Mit warmem Gewand unter warmen Decken konnten wir gut schlafen. Es hat 0° bei leichtem Schneetreiben. Die Berge um uns herum sind frisch angezuckert. Wir heizen ein. Wieder einmal sind wir sehr dankbar für unseren Komfort. Kaum zu glauben, dass wir noch vor wenigen Tagen bei 40° geschwitzt haben. Zuletzt war es im Shenandoah Nationalpark so kalt. Das war ziemlich genau vor zwei Monaten.

Unser Weg führt uns zunächst zum Lake Tahoe. Das ist eine Nobeladresse. Wer es "geschafft hat", hat ein Ferienhaus am Lake Tahoe. Wir werden mit unserem Ferienhaus auch bald dort sein. Ganz unerwartet sind wir wieder in NEVADA gelandet. Bei der Wiedereinreise nach Kalifornien werden wir unsere neu erworbenen Orangen verteidigen müssen. Wir verstecken sie vorsorglich in der Garage.

Unser Weg führt uns wieder in die Berge. Große Hotels sieht man bereits von unten. „Wie am Semmering“, meint Klaus. Wir fahren durch eine wunderbare tief verschneite Winterlandschaft. Die Ausblicke ins Tal sind lovely. Das Summit Village erinnert uns an einen Tiroler Wintersportort. Auf der anderen Seite des Passes liegt der See. Wir sind enttäuscht. Alles ist total verhüttelt. Die Häuser stehen ganz nahe nebeneinander und sind nicht einmal schön. Zum Wasser kommt man nur gegen Bezahlung, als Haus- oder Bootsbesitzer oder als Hotelgast- was wir vorgeben zu sein, damit wir wenigstens ein Foto machen können.

Wir flüchten nach Sacramento, der Hauptstadt von KALIFORNIEN. Der Posten der „Agricultural Inspection“ nach der Staatsgrenze ist unbesetzt. Die Sorge um unsere Zitrusfrüchte war also unnötig.

Nachdem wir nun also die Sierra Nevada endlich überwunden haben, und sich das Central Valley vor uns ausbreitet, wird es gleich wieder wärmer, und als wir auf dem Parkplatz vom Whole Foods Market aussteigen, sind T-Shirt und kurze Hosen die Kleidung der Wahl. Wir kommen uns vor, als kämen wir aus einer anderen Welt. Innerhalb von zwei Stunden sind wir aus dem tiefsten Winter im Hochsommer gelandet. Sacramento liegt nur mehr 6m über dem Meeresspiegel. Heute früh waren wir noch auf 2500m.

Nach dem Einkauf sind wir sehr froh, einen netten RV-Park am Fluss zu finden. Heute haben wir keine Lust mehr, die Stadt zu erkunden.

 

Di, 13. Juni

Nach dem Ausschlafen bestellen wir uns ein Uber-Car in die Stadt. Sacramento hat knapp 500.000 Einwohner. Einer davon nennt sie uns gegenüber liebevoll „a town, that wants to be a city“. Uns gefällt sie sehr gut. Die Lebensqualität scheint angenehm zu sein. Die Straßen sind auch hier schachbrettartig angelegt. Sie sind nummeriert, und die Querstraßen sind mit Buchstaben bezeichnet- wie in Washington D.C. Auch das Capitol, der Sitz des Governors, ist dem großen Bruder nachempfunden- samt Kuppel. Alle Hauptstädte der US-Bundesstaaten haben ja ein Capitol samt Kuppel. Wir spazieren durch einen prachtvoll blühendem Rosengarten und den schönen Capitol Park. Die seltenen Baumarten sind beschriftet. Man kann in das Capitol hineingehen, in dem Arnold Schwarzenegger 2003-2011 als Gouverneur gearbeitet hat. Dann flanieren wir, vorbei an hübschen Villen, ins Stadtzentrum. Wir erfreuen uns an der Radfahr-Infrastruktur. Sogar die öffentlichen Autobusse haben vorne Fahrradträger für je 3 Fahrräder.

Die Altstadt fängt am Sacramento River an, bei der Tower Bridge- sehr gülden. 1935 wurde sie konstruiert. Es bietet sich uns das Bild einer typischen Western Town, wie man sie aus Filmen kennt, mit Saloons und Boardwalks. Sie geht über mehrere Blocks. Das gibt es sonst nirgendwo. In fast allen Gebäuden sind Souvenierläden oder Lokale untergebracht. Auch eine Schule und ein Bahnhof samt Museum gehören dazu. Leider ist es keine Fußgängerzone- das scheint es in den USA überhaupt nicht zu geben. Daher stören die geparkten und durchfahrenden Autos etwas das Gesamtbild.

Uns hat es gefallen: „Sacramento, a wonderfull town, sing sing, din, din...“ (Schlager aus den 1970er-Jahren). Klaus hat es mehr mit bayrisch und nennt die Stadt „Sacklzement Halleluja“.

Uber bringt uns wieder nach Hause. Weil es hier so nett ist, übernachten wir nochmals am selben Platz.

 

Mi, 14. Juni

Zwischen uns und dem Pacific liegen jetzt nur mehr die Coast Ranges, der Gebirgszug, der bis nach Seattle hinauf reicht.

Heute geht es zum Yosemite Nationalpark, der ca. 250 km weiter im Süden liegt. Auf dem Mittelstreifen der Autobahn blüht vielfarbig der Oleander- wie damals in Sardinien und Korsika. Wir fahren durch eine Weingegend. Klaus schmecken die kalifornischen Weine sehr. Auch an Obstplantagen mit sorgfältig zurechtgestutzten Bäumen kommen wir vorbei. Wir sind jetzt im Central Valley, zwischen der Sierra Nevada im Osten und den Coast Ranges im Westen. Das Wetter ist sommerlich warm, bei 30°. Schon haben wir uns daran gewöhnt, nicht mehr in der Wüste zu sein.

Mariposa ist wieder eine typische Touristenstadt- Blockhausstil wie beim Grand Canyon und beim Bryce Canyon. Der Grizzlybär, der hier überall dargestellt ist, ist allerdings nur mehr auf dem Wappen lebendig. Ansonsten ist er in Kalifornien bereits ausgestorben. Es gibt aber noch viele Schwarzbären.

Wir haben einen sehr schönen Campingplatz außerhalb der Stadt gebucht, mit Internet. Hier werden wir drei Nächte bleiben.

 

Do, 15. Juni, Fronleichnam

In den USA ist das allerdings kein Feiertag.

Den ganzen heutigen Tag haben wir im Yosemite National Park [Jo’semiti] verbracht. Seinen Namen hat er von einem Indianerstamm, der hier lebte. Der Park ist ein Teil der Sierra Nevada, 3000km2 groß und landschaftlich sehr vielseitig. Das Yosemite Valley ist ein Talkessel wie aus einem Fantasy-Roman, ein liebliches grünes Tal, eingefasst von senkrechten 2000m hohen Wänden. Besonders eindrucksvoll sind die Granitmonolite, Half Dome, dessen Kuppel genau in der Mitte senkrecht abgeschnitten wurde und El Capitán, dessen große Nase bei Kletterern sehr beliebt ist- eine Nummer zu groß für Klaus. Dazwischen stürzen hunderte von Metern hohe Wasserfälle herab, die den wilden Merced River speisen. Auf Tafeln für Wildwasserfahrer wird darauf hingewiesen, dass der Fluss trotz seines Namens keinerlei „Mercy“ kennt. Es gibt auch viele Seen und Teiche.

4 Millionen Touristen besuchen jährlich den Park, natürlich mit dem Auto. Auf den Hauptrouten kommt es regelmäßig zu Verkehrsstaus, und es sind kaum Parkplätze zu finden.

Wenn man sich allerdings weiter hinauf begibt und ein bisschen wandert - so wie wir das gemacht haben - ist man ganz schnell fast allein, begleitet nur von Hirschen, großen Segelfaltern und knallblauen Vögeln. Sogar den Orginal Woody Woodpecker mit seinem roten Helm konnten wir bei seinen umfassenden Arbeiten zusehen. Wieder ist uns kein Bär begegnet. Von den Wasserfällen haben wir uns erfrischend anspritzen lassen, und vom Glacier Point  inmitten von Schneefeldern die gewaltige Aussicht hinunter ins Yosemite Valley genossen. Sehr gut haben uns auch die sehr hohen Redwoods gefallen, Mammutbäume mit roten Stämmen.

Zuletzt konnten wir noch einem jungen Paar helfen, das den Autobus verpasst hat. Wir haben sie zu ihrem Auto gebracht. Im goldenen Abendlicht fahren wir nun zurück nach Hause auf unseren Campingplatz.

 

Fr, 16. Juni

Ein Ruhetag auf dem Campingplatz mit Ausschlafen, Lesen und den üblichen Haushaltsarbeiten. Unsere Nachbarn grüßen uns mit „Hi, Roadies!“ mit Blick auf unsere vielen Pickerln.

 

Sa, 17. Juni

Halbzeit unserer Reise.

Auf geht’s, ca. 100km nach Süden in den nächsten Nationalpark, den Kings Canyon NP. Der Name ist eigentlich irreführend. Der Canyon ist nur ein steiler Abhang mit Bäumen. Die eigentlichen Stars sind die Mammutbäume. Große Hitze wurde für heute vorausgesagt. Wie gut, dass wir in die Berge fahren und in den Wald, und was für ein Wald das ist! Die Sequoias sind wirklich riesengroß, majestätisch und wunderschön, mit ihren roten Stämmen. Es sind ganz spezielle Zypressen, die uralt werden. Sie brauchen für ihre Vermehrung das Feuer. Nur durch große Hitze springen die Zapfen auf. Immer wieder erstaunlich, was die Natur sich alles einfallen lässt. Es gibt jedenfalls gezielte Feuerprogramme im Park. Jede der großen Sequoias ist mehrmals dem Feuer ausgesetzt gewesen. Diese Bäume haben besonders viel Tannin, daher können sie Insekten, Pilzen und Fäulnis gut standhalten, und die dicke isolierende Rinde schützt sie vor den Flammen.

Die besonders großen Bäume haben Namen. Wir machen z.B. eine kleine Wanderung zum drittgrößten Baum der Welt, dem General Grant Tree. Auch er hat eine große Feuernarbe. Er ist ca. 81m hoch - der Stephansdom im Vergleich nur 68m - und sein Stamm hat einen Durchmesser von ca. 12m. 1700 Jahre ist er alt. Manche solche Giganten sind umgefallen und bilden Höhlen, in denen noch Ende des 19. Jhd. Menschen gewohnt oder zumindest Unterschlupf gesucht haben. Durch einen dieser liegenden Stämme kann man aufrecht der Länge nach durchgehen. Solche gefallene Riesen bleiben noch hunderte Jahre unverändert liegen, ohne zu verrotten. Das Umfallen ist übrigens die häufigste Todesursache der Sequoias. Sie sind nämlich Flachwurzler und können durch Sturm und Schnee, in Verbindung mit ihrer Höhe leicht das Übergewicht bekommen. Durch die Luftverschmutzung und den Klimawandel sind leider auch die Sequoias - besonders die Jungen - gefährdet.

Unsere Wanderung hat mir sehr gut gefallen, besonders, weil wir mehrmals - unerlaubt - vom Weg abgewichen und auf Baumstämmen und Felsen herumgeklettert sind. Man könnte hier einen Film drehen: „die Zwergerln im Märchenwald“. Die Zwergerln sind natürlich wir.

Am Wochenende sind alle Campgrounds voll. Das wundert uns gar nicht. Wir haben nichts gebucht, daher suchen und finden wir für heute Nacht einen netten „wilden“ Platz, ziemlich versteckt. Hoffentlich verjagt uns niemand.

 

So, 18. Juni

Wir haben sehr gut und unbehelligt geschlafen.

Heute widmen wir uns dem Sequoia National Park, der gleich neben dem Kings Canyon NP liegt. Gemeinsam sind die beiden Parks ca. 3.500 km2 groß. Wir machen eine sehr schöne Wanderung zum größten Baum der Welt, dem General Sherman Tree. Er ist 83m hoch und 2200 Jahre alt. Es gibt erstaunlicherweise noch ältere lebende Mammutbäume. Der Umfang seines Stammes ist 31m, der Durchmesser 11m.

Es gibt aber abseits dieser zahlenmäßigen Angaben noch viele andere wunderschöne und eindrucksvolle Bäume. Im Morgenlicht sehen sie ganz mystisch aus. Ich habe ja schon erwähnt, dass es sich um einen Märchenwald handelt.

Das war jetzt unser 11. Nationalpark. Es gibt insgesamt 27. 15 davon haben wir eingeplant. Wir haben aber auch viele State Parks der einzelnen Bundesstaaten und National Forests besucht. Das alles sind vorbildliche Naturschutzgebiete. Es gibt wertvolle Informationen und die Einrichtungen, Anlagen und Wanderwege sind liebevoll angelegt und gepflegt. Unser „America the Beautiful“-Jahrespass hat sich längst amortisiert.

Wir verlassen nun dieses wohltuende Wald-Chi mit den angenehmen Temperaturen und verabschieden uns von der Sierra Nevada. Mit jedem Meter, den wir ins Tal kommen, wird es heißer. Wir erreichen den bisherigen Rekord dieser Reise mit 41°. Da hilft nur die Flucht an den Pazifik. Vor uns tauchen die Coast Ranges auf, die uns noch vom Meer trennen. Sanfte Hügel, von gelbem Gras bewachsen, wie mit einem Pelz überzogen. Dazwischen immer wieder dunkelgrüne Bäume und Büsche- wieder ein netter Farbkontrast. Wir haben uns die Ranges gebirgiger vorgestellt. Endlich liegt der Pazifik vor uns, und außerdem sind wir auf dem legendären Highway #1 gelandet. Die ebenso legendären Nebelschwaden ziehen vom Meer herein. Jetzt brauchen wir nur noch einen Schlafplatz. Wir finden zu unserer Freude einen schattigen Campingplatz im San Simeon State Park bei Cambria. Gegen Abend kühlt es wie immer ziemlich ab, was unserem Schlaf sehr zuträglich ist.

 

Mo, 19. Juni

Wir freuen uns auf den Highway #1, die direkt an der Küste entlang führt. Wir wollen sie bis Monterey nach Norden fahren. Das erste Highlight ist eine Kolonie von See-Elefanten. Hunderte liegen fast unbeweglich am Strand, einer neben dem anderen, mit ihren massigen Körpern- wie die dicken Touristen in Miami Beach. Nur dass diese hier brauner sind. Ihr lautes Grunzen ist deutlich zu hören. Im Wasser sehen die Meeressäuger wesentlich eleganter aus. Klaus filmt einige beim Liebesspiel- oder raufen sie nur? Normalerweise leben sie im tiefen Wasser. Hierher kommen sie, um sich zu häuten. So friedlich, wie sie daliegen, sollte man nicht vermuten, dass sie ein großes ökologisches Problem darstellen. Durch die Meerverschmutzung reichert sich eine große Quecksilberkonzentration in ihrer Haut an, die sie bei der Häutung an die Umwelt abgeben. Dieser Strand hier ist stark belastet.

Einige Meilen später stoßen wir auf eine Straßensperre. Es gab einen Erdrutsch. Wir beschließen, den gesperrten Bereich zu umfahren und parallel ein Stück nach Norden zu fahren. Die einzige Möglichkeit dazu ist, wieder die Coast Ranges zu überqueren. Das bedeutet einen Umweg von ca. 100 km. Vorher wollen wir noch tanken. An zwei Tankstellen in unserer Reichweite gibt es keinen Diesel. An dieser Stelle ist der Gebirgszug um einiges höher als der, über den wir gestern gefahren sind, und dicht bewaldet. Die Straße ist sehr kurvenreich. Im Central Valley schlägt uns sofort wieder die Hitze entgegen- neuer Rekord: 43°. Heute sind wir über die Klimaanlage in unserem Auto dankbar. Keine Tankstelle. Nun geht es ein Stück nach Norden. Es macht uns Spaß, durchs Hinterland zu fahren, unter anderem durch ein militärisches Übungsgebiet. Dann nehmen wir die nächste Möglichkeit, die wieder zum Meer zurückführt. Wieder einmal hoffen wir, dass unser Treibstoff reichen wird. Schließlich füllen wir den Inhalt unseres Reservekanisters ein- das dritte Mal auf dieser Reise übrigens. Beim Bergabfahren verbrauchen wir gottseidank weniger Sprit. Die landschaftlichen Schönheiten stehen nun nicht mehr im Mittelpunkt unseres Interesses, obwohl die Ausblicke hinunter gewaltig sind. Hoffnungsvoll kommen wir wieder am Meer an. Angenehm kühl ist es hier: 16°. Der Highway ist in beide Richtungen nach einigen Meilen gesperrt. Der Erdrutsch hat große Schäden angerichtet. In der einen Richtung soll es eine Tankstelle geben. Das schaffen wir noch- kein Diesel. Der einzige Ausweg geht zurück über die Berge. Das schaffen wir nicht mehr. Wir sitzen in der Falle. Ich habe natürlich beim Universum eine Bestellung aufgegeben. „Zufällig“ verrichtet ein Lastwagen - ein Dieselfahrzeig - direkt neben uns einige Arbeiten. „Zufällig“ hat er einen Reservetank mit Einfüllstutzen. Außerdem ist er freundlich und hilfsbereit. Er füllt uns tatsächlich ca. 5 Gallonen ein und will nicht einmal Geld dafür. Klaus erfreut ihn mit einer Flasche Wein. Sehr erleichtert treten wir die Reise zurück über die Berge an. Unser Tank ist fast halbvoll. Fürs erste sind wir gerettet.

Müde und hungrig suchen wir uns einen „wilden“, geschützten Schlafplatz an der Bergstraße. In der Nacht fährt hier kaum jemand.

 

Di, 20. Juni Tag- und Nachtgleiche

Heute fängt endlich der Sommer an ;-).

Wir haben gut geschlafen. Aber das Abenteuer geht weiter. Wo ist die nächste Tankstelle mit Diesel? Wir fahren weiter den Berg hinauf und wieder durch die Militärische Anlage durch und dann weiter nach King City- klingt vielversprechend. Riesige Poison Oaks strecken uns ihre ausladenden Äste entgegen. Sie sind so giftig, dass man, wenn man sie berührt, unangenehme Ausschläge bekommt, die man ärztlich behandeln lassen muss.

Hurra, King City hat sogar mehrere Tankstellen, und gleich die erste verkauft uns Diesel. Wir lassen ihn in unseren Tank rinnen, bis es herausschäumt, und vergessen nicht, auch unseren Ersatzkanister zu füllen. Frischen Mutes können wir jetzt nach Monterey weiterreisen. Wir kommen an Salinas vorbei, von dem wir ja wissen, dass es „Jenseits von Eden“ liegt.

Wir sind wieder im Central Valley, intensive Landwirtschaft, Monokulturen, Weinbau, eine eigentlich fade Landschaft. Wenigstens ist es heute nicht so heiß. Das war jetzt eine „Rumgurkerei“, bis wir gegen Mittag endlich Monterey erreicht haben. Geplant war einfach, die Küstenstraße entlang zu fahren. Wir haben aber genug Zeit. Erst am Freitag haben wir wieder einen Campingplatz gebucht, in San Francisco. Beim Walmart kaufen wir uns einen größeren Diesel-Ersatzkanister.

Wir freuen uns, das Meer wiederzusehen und über kühlere Außentemperaturen- angenehme 17°. Die Ortschaft Pacific Grove auf der  Monterey Peninsula ist besonders hübsch, mit netten, kleinen, bunten Häuser direkt am Meer und einer Promenade, die uns zu einem Spaziergang einlädt- mit Jacke. Viele Leute sind mit Fahrrädern unterwegs.

Nun geht es zurück zur Highway #1. Leicht macht er es uns nicht. Zunächst gibt es noch eine Umleitung durch Carmel by-the-Sea- aus einer Missionsstation hervorgegangen. Diesen malerischen Ort - eine Wohngegend der Superreichen, wo Clint Eastwood eine Zeitlang Bürgermeister war - hätten wir sonst sicher nicht besucht. Jetzt geht es aber los. Wir fahren die Küstenstraße nach Süden bis zur Sperre. Das scheint nun der schönste und spektakulärste Teil dieser legendären Straße zu sein. Wie gut, dass wir nicht aufgegeben haben. Big Sur [u] heißt dieser Küstenstreifen. Er wurde unter anderem durch Henry Millers autobiografischen Roman bekannt: „Big Sur und die Orangen des Hieronymus Bosch“. Der Name stammt aus der spanischen Zeit für das Gebiet südlich der damaligen Hauptstadt, Monterey, das „el sur grande“ = der große Süden genannt wurde. Wir suchen einen Schlafplatz. Da unser Klo voll ist, können wir nicht wieder „wild“ stehen, also halten wir nach einem Campingplatz Ausschau. Wir kommen an einem State Park vorbei, der geschlossen ist. Klaus fährt kurz entschlossen an der Absperrung vorbei, und wir leeren das Klo in einem Restroom aus. Kurz nach dieser Aktion - wir sind stolz auf unsere Chuzpe - kommen wir zu einem Campground. Während wir uns einen Stellplatz aussuchen, meine ich, dass $65,00 für die Nacht eigentlich unverschämt teuer ist, zumal wir ja jetzt ein leeres Klo haben. Sollte unsere Aktion von vorhin umsonst gewesen sein? Also sind wir nochmals frech. Wir füllen unseren Trinkwassertank randvoll und hauen wieder ab. Nach 26 Meilen müssen wir umkehren. Der gesperrte Bereich der Straße ist im Ganzen ca. 20 Meilen lang, auf dessen Umfahrung wir ja einiges erlebt haben.

Unseren Schlafplatz -„wild“ natürlich - finden wir direkt am Wasser bei der malerischen Bixby Creek Bridge aus dem Jahr 1932.

 

Mi, 21. Juni 

Ein  kühler Sommerbeginn. Es hat 13°- Unterleiberl, Socken. Die Temperaturunterschiede auf dieser Reise sind wirklich enorm.

Monterey wurde 1770 als Missionsstation gegründet. Aus dieser Zeit stammt auch die Royal Presidio Chapel, die auch – ein bisschen größenwahnsinnig – „Cathedral“ genannt wird. Man sieht dem hübschen Kirchlein an, dass sie aus spanischer Zeit stammt. Später wurde die Gegend dann mexikanisch und wurde 1846 von den Amerikanern erobert. Die kleine Stadt -sie hat 33.000 Einwohner - war bis1854 Hauptstadt von Kalifornien, bevor dann Sacramento die Ehre zuteil wurde. Wir machen wir einen Spaziergang durch das historische Viertel. Einige Gebäude in Adobe-Bauweise sind erhalten. In einem dieser Häuser hat Robert L. Stevenson eine Zeitlang gelebt, der mit der Dampfmaschine. In „The Old Fisherman’s Wharf“ wurde früher der frisch gefangene Fisch verkauft. Heute gibt es hier Krabbensuppe und Fast Food. Die Gebäude stehen auf Stelzen im Wasser. Daneben tummeln sich einige Seehunde.

Wir gehen durch die „Cannery Row“ = „die Straße der Ölsardinen“. Sie liegt direkt am Meer. Das besondere Flair, das John Steinbeck 1945 beschrieb, gibt es natürlich längst nicht mehr. Aus den ehemaligen Konservenfabriken sind schicke Hotels und Geschäfte geworden.

Nach unserem netten Spaziergang fahren wir weiter nach Norden. San Francisco ist gar nicht mehr weit. Dort haben wir aber erst am Freitag einen Campingplatz gebucht. Wir können uns also Zeit lassen. Der Highway #1 ist mittlerweile zu einer Art Autobahn verkommen. In der Beach von Santa Cruz wird auf die Natural Bridges hingewiesen. Eines dieser Steintore im Wasser ist allerdings eingestürzt. Daher stimmt die Mehrzahl nicht mehr. Noch spektakulärer finden wir es, einem Surfer aus nächster Nähe zuzusehen - während wir Kaffee trinken - wie er gekonnt auf den Wellen reitet.

Nun ist Schlafplatz-Suche angesagt. Viele Campingplätze sind voll. Die Ferienzeit hat bereits begonnen. In Felton sind wir endlich erfolgreich. Der Platz ist schweineteuer und das Internet sehr schleißig- sind wir eh schon gewohnt. Dass die Besitzerin einen österreichischen Schwiegersohn hat, tröstet da nur wenig. Weil wir gerade beim Geld ausgeben sind, gönnen wir uns wieder einmal ein Restaurant, und zwar diesmal ein mexikanisches. Die Enchiladas sind köstlich. Wir haben ja gelernt, dass Kalifornien eine mexikanische Tradition hat. Davon zeugen auch die vielen spanische Ortsnamen, San Francisco gehört schließlich auch dazu.

 

Do, 22. Juni

Wir haben uns mit unserem Campingplatz ausgesöhnt. Wir stehen in einem Wald voller Coastal Redwoods, die uns wunderbaren Schatten spenden. Diese schönen, sehr hohen Bäume sind auch Zypressen und auch Mammutbäume, die aber für ihre Verbreitung kein Feuer brauchen, wie die Sequoias. Die können das auch das ganz normal machen. Bis 13h können wir hier bleiben. Also nützen wir den Vormittag weidlich aus.

Danach widmen wir uns ausschließlich dem Silicon Valley, dem Zentrum der IT- und High-Tech- Industrie weltweit. In Cupertino ist das Apple Centrum. Der große Apple Park ist noch nicht fertig. Da finden wir nur eine große Baustelle vor. Und der Apple-Store ist eher enttäuschend. Wir fahren weiter nach Palo Alto. Da ist der Google-Sitz mit mehreren riesigen Gebäudekomplexen. In einer idyllischen Villengegend finden wir die Garage, in der die zwei Studenten der nahe gelegenen Stanford University William Hewlett und David Packard 1938 ihre ersten Computer zusammenschraubten und damit die Geburtsstunde von Silicon Valley einläuteten. Diese Garage hat es zu einem „National Historic Landmark“ gebracht.

Weil wir hier schon so schön parken, beschließen wir wieder einmal frech zu sein und einfach über Nacht hier zu bleiben. Im letzten Abendlicht und in der kühlen Abendluft machen wir einen Spaziergang und stellen fest, dass das hier wirklich eine nette Gegend ist. Gleich gegenüber gibt es einen bunten „Offenen Bücherschrank“, sogar mit Klappstuhl daneben, zum Schmökern. Fahrräder und Elektroautos parken vor den hübschen Holzhäusern und Tafeln sind aufgestellt, mit der Aufschrift: „No matter, where you are from, we are glad, you are our neighbor.“ Heute Nacht gilt das hoffentlich auch für uns.

 

Fr, 23. Juni

Bevor wir das Silicon Valley endgültig verlassen, besuchen wir noch Steve Jobs Garage in Los Altos. Dort hat er 1976 mit einem Freund seinen Apple I zusammengebaut, mit Holzgehäuse. Das Haus hat keine Hinweistafel, aber es ist zweifelsfrei an einem Schild zu erkennen, dass besagt, dass man das Grundstück keinesfalls betreten darf, und dass alle Fotos nur von der Straße aus gemacht werden dürfen.

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