
12. Kapitel: Idaho, Montana
Die Grenzformalitäten zu USA gestalten sich ganz problemlos. Nicht einmal in unseren Kühlschrank wollen sie hineinschauen. Offenbar macht es einen großen Unterschied, ob man aus Mexiko oder aus Kanada einreist.
Gemäß unseres Running Gags bei der Einreise in ein Land, ich: „Is eh schen in IDAHO.“ Klaus: „I wår ja no nie in Idaho.“ Lang werden wir hier nicht bleiben. Wir kleben das Pickerl an die Rückwand des Wohnmobils, und schon geht’s weiter nach MONTANA the „Big Sky State“. „Is eh schen....“ Und schon haben wir auch wieder Mountain Time, wie heute früh. Lange Zeit fahren wir den Cootenai River entlang, an dem wir letzte Nacht geschlafen haben. Er ist mittlerweile ein stattlicher Strom geworden. Und außerdem hat er die Schreibweise seines Namens geändert: I statt Y am Ende. Und weil es so nett in Montana ist, machen wir wieder einmal eine kleine Wanderung, die uns ganz unvermutet zu den Cootenai Falls führt. Was das kleine Flüsschen von gestern nicht so alles kann. Wir fahren noch bis Libby und suchen uns dann einen Übernachtungsplatz- einen „wilden“ natürlich. Es geht an mehreren idyllischen Seen mit fröhlichem Badeleben vorbei. Wohnmobile sind da nicht erwünscht. In einer staubigen Nebenstraße einer Nebenstraße lassen wir uns schließlich nieder. Über 400km sind es heute wieder geworden. Morgen haben wir eine ebenso lange Strecke vor uns.
Woran merkt man, dass man wieder in den USA ist? Die Entfernungen und Geschwindigkeitsbeschränkungen sind in Meilen angegeben, die Kirchendichte samt ihrer „Wahrheiten“ hat sich erhöht und ... die Leute sind merklich dicker.
So, 23. Juli
Wir sind wieder eine Wolke- eine Staubwolke diesmal. Unser Weg geht weiter nach Südosten. Montana wirkt sehr ländlich. Es ist ca. groß wie Deutschland aber sehr dünn besiedelt. Der ganze Staat hat nur 989.500 Einwohner. Ziemlich lange fahren wir am Flathead Lake entlang, dem größten Süßwassersee westlich des Mississippi. Er ist wieder einmal nach einem Indianerstamm benannt.
Die National Bison Range lockt Klaus, den Fotografen. Er holt sofort sein Teleobjektiv heraus. In einem 20 Meilen- Rundkurs kann man durch das riesige Gelände fahren. Die Tiere leben hier einigermaßen wild. Man darf die vorgegebene Route und sein Auto nicht verlassen, weil die Büffel sehr gefährlich werden können. So schauen sie auch aus, besonders die Bullen. Sie verlieren gerade ihren Winterpelz. Dadurch wirken sie noch wilder und zottiger. Ein Riesenbulle geht direkt vor unserem Auto über die Straße. Gottseidank interessieren wir ihn nicht. Buffalo-Klaus erzählt mir von Old Shatterhands erster Bison-Jagd.
Wieder in die Zivilisation zurückgekehrt, begnügen wir uns bei Missoula, der kultivierte Universitätsstadt, mit einer Sitzbesichtigung- sieht sehr nett aus.
Unser nächstes Ziel ist Butte. Auf diese Stadt haben wir uns schon sehr gefreut. Dort wurden nämlich große Teile des Films „Don’t come knocking“ von Wim Wenders gedreht. Die Stadt ist durch die Kupfervorkommen reich geworden. Charlie Chaplin hatte Zum Beispiel seinen allerersten Auftritt in Amerika um 1911 in dieser damals blühenden Stadt. Es stehen noch die alten Fördertürme mehr oder weniger dekorativ in der Gegend herum. Seit die Minen nicht mehr ergiebig sind, kommt die Stadt mehr und mehr herunter. Die vielen ehemals schönen Backsteingebäude verfallen und haben ihre einstige Pracht verloren. Für diese Stadt ist das Schlagwort „morbider Charme“ total angebracht. Wir entdecken nach einigem Suchen tatsächlich einige Filmschauplätze wieder, z.B. das M&M-Lokal mit seiner Metallfassade und das Acoma-Hotel, in dem der Protagonist gewohnt hat. Wir übernachten „wild“ am Stadtrand, hinter einer ehemaligen Fabrik- aus Backstein natürlich. Heute ist Klaus tapfer über 500km gefahren- und das in der Hitze. Wir merken, dass wir weiter nach Süden kommen. Nachts kühlt es aber erfreulicherweise ab.
Mo, 24. Juli
Wir peilen die nächste größere Stadt an, Bozeman. Wir wollen nämlich noch einen Reifenversuch machen. Der dortige Reifentandler hat die Reifen, die wir brauchen natürlich auch nicht. Zu unserer Freude meint er aber, wir können mit unseren noch Monate weiterfahren. Probably schaffen wir es mit ihnen noch bis nach Hause. Wir sind sehr erleichtert. Wir werden täglich kontrollieren, und in Chicago werden wir weitersehen.
Beruhigt können wir uns gegen Süden nach Yellowstone wenden. Wir überschreiten eine Wasserscheide = continental divide. Ab hier fließen alle Flüsse in den Atlantik. Auch wir sind ja in diese Richtung unterwegs. Wir sind im Missouri-Einzugsgebiet. Auch der Yellowstone River fließt in den Missouri. Missouri und Mississippi sind ja gemeinsam das größte zusammenhängende Flusssystem der Welt, noch größer als der Nil. Hier im Quellgebiet ist der Missouri noch ganz klein. Er wird in St. Louis in den Mississippi fließen, der dann in New Orleans in den Golf von Mexiko mündet.
Montana ist nach den Gebirgsketten benannt, eine hinter der anderen, alle von Norden nach Süden ausgerichtet. Dazwischen liegen endlose Grasprärien mit Rinderherden und echten Cowboys- zu Pferd, mit Hut, Lederbeinlingen und Stiefeln. In manchen Bereichen wird intensive Landwirtschaft betrieben, mit großen Bewässerungsanlagen und riesigen Mähdreschern. Ganz selten sehen wir ein Haus. In dieser Gegend waren wieder die Erforscher des Westens Lewis und Clark unterwegs. Immer wieder wird auf sie hingewiesen.
Wir nähern uns dem Yellowstone National Park an seiner Nordwestecke.